38 Stunden Kampf gegen das Wasser

Hochwasser in Glauburg: Bleichenbach und Nidder überschwemmen den Ortskern von Stockheim

Am späten Nachmittag des 29.01.2021 (Freitag), kamen viele Kameraden zum ersten Mal nach bereits 8 Stunden Dauereinsatz zurück ins Feuerwehrhaus nach Stockheim um etwas zu essen und zu trinken. Mit allen Kräften wurde versucht die Gebäude und Wertsachen der Anwohner zu schützen und Hilfe zu leisten wo es nötig war. An manchen Gebäuden leider erfolglos.

 

Der Einsatz begann bereits am Freitagmorgen gegen 4 Uhr. Der erste Keller in der Vordergasse war vollgelaufen und musste durch die Kameraden ausgepumpt werden. Aufgrund der steigenden Pegel des Bleichenbach wurden bereits am frühen Morgen das DGH durch die Schutzeinrichtungen gesichert. Aufgrund der anhaltend und extrem ansteigenden Pegel und der Meldungen zu Überflutungen aus Bergheim und Gelnhaar wurden alle verfügbaren Kräfte am Freitagmorgen gegen 08:15 Uhr wieder alarmiert, um erweiterte Maßnahmen zu ergreifen.

So wurde eine Sandsackfüllstation im Feuerwehrhaus Stockheim und bei der Fa. Braum in Glauberg aufgebaut, kritische Stellen abgefahren und Bürgermeldungen abgearbeitet.
Da die Sandsäcke an allen Stellen dringend benötigt wurden, konnten ca. 500 St. bereits gefüllte Sandsäcke durch die Feuerwehr Butzbach nach Stockheim gebracht werden. Die Kameraden aus Butzbach unterstützten dann den gesamten Einsatz über den Tag um die Sandsäcke an die benötigen Stellen zu bringen.


Um 13:30 Uhr am Freitag musste die Ortsdurchfahrt Stockheim vollständig gesperrt werden. Die dortige Brücke und Straße waren nicht mehr befahrbar. Ein reißender Bach floss zu diesem Zeitpunkt nicht nur durch das eigentliche Flussbett der Bleichenbach sondern auch durch die Vordergasse, über den Freien Platz in die Bahnhofstraße. Sämtliche Keller, Wohnungen, Garagen wurden hier teilweiße bis unter die Decke geflutet. Stockheim war zu diesem Zeitpunkt in zwei Hälften geteilt. Die jeweils andere Seite des Bleichenbach war unerreichbar.

Gleichzeitig spitzte sich die Lage in der Herrnstraße und Maiostraße zu. Der Pegel erreichte eine Höhe, an dem die errichteten Schutzwände am Kindergarten überflutet wurden. Um hier weitere Unterstützung zu bekommen, wurden überörtliche Kräfte aus Florstadt nach Glauburg alarmiert (Freitag, 16 Uhr). Ebenfalls unterstützten die Kameraden aus Ranstadt mit einem I-Sauger. Die Feuerwehr Butzbach war ebenfalls noch immer tatkräftig am Sandsäcke abliefern.

Die Lage verschärfte sich nochmal als ein vermutlicher Wohnhausbrand in der Maiostraße, eine Verpuffung in der Bahnhofstraße und ein aufgeschwommener Gastank in der Herrnstraße gemeldet wurden. Die Feuerwehr Florstadt übernahm mit einem Löschzug diese Einsatzstellen. 4 Personen wurden mittels Boot aus dem Wohnhaus gerettet, der Gastank gesichert.

Etwa zeitgleich (Freitag, 17 Uhr) brachen die Türen des Kindergartens durch den Wasserdruck ein. In diesem Moment musste der Kindergarten aufgegeben werden. Alle eingesetzten Pumpen konnten hier nichts mehr ausrichten.

Um 18 Uhr wurden alle Einsatzkräfte am Feuerwehrhaus versorgt und eine zentrale Koordinierung der Kräfte organisiert. Da einige Kräfte seit 4 Uhr im Dauereinsatz waren, wurde die Abarbeitung der eingehenden Einsatzstellen für den nächsten Morgen 7 Uhr geplant und am Abend zur Information der betroffenen Bürgerinnen und Bürger nochmal Vorort begutachtet.

Über die Nacht verblieb eine Mannschaft im Feuerwehrhaus zur Bereitschaft. Die Kameraden waren die gesamte Nacht im Einsatz, um weitere Häuser und Hilferufe zu bearbeiten.
Unter anderem wurden Kameraden zu einem medizinischen Notfall nach Glauberg gerufen, wobei die Kameraden zusammen mit dem Rettungsdienst eine Person reanimieren mussten.

Aufgrund der nun kritisch ansteigenden Pegel der Nidder wurden auch in Glauberg und Stockheim Höhe Effolderbacher Weg Maßnahmen getroffen.

 

Um 7 Uhr (Samstag) - nach wenigen Stunden Schlaf für einige Kameraden - begann die Abarbeitung der aufgelaufen Einsatzstellen im gesamten Gemeindegebiet. Zeitgleich musste weiterhin der Pegel der Nidder beobachtet werden. Der Bleichenbach hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits wieder in sein Flussbett zurückgezogen. Mit erneuter Unterstützung der Kameraden aus Florstadt und Altenstadt konnten die Einsatzstellen nacheinander abgearbeitet werden.

Der Kindergarten wurde ausgepumpt und leergeräumt, unzählige Keller leer gepumpt. Aufgrund von Ölheizungen, die dort im Wasser standen, unterstützen die Kameraden aus Altenstadt mit dem GW-Gefahrgut um hier das Öl aufzunehmen.

Durch einige Helfer aus Verein und Feuerwehrfamilien konnte die Versorgung der Einsatzkräfte gesichert werden. Hier auch nochmal vielen Dank an alle Anwohner, Unternehmen und vor Ort - Helfer für die unzähligen Spenden an Essen und Getränke sowie die tatkräftige Unterstützung der Einsatzkräfte.

Gegen 14 Uhr wurden die Kräfte am Kindergarten durch bereits wieder frei gewordene Kräfte ausgetauscht. Alle Materialien wurden zusammengeräumt und die Einsatzstelle Kindergarten abschließend verlassen.

Die Einsatzkräfte kümmerten sich dann zurück im Feuerwehrhaus um die eigenen Materialien & Fahrzeuge. Schläuche müssen gesäubert, Geräte betankt und gereinigt, Fahrzeuge wieder einsatzbereit gemacht werden. Um 15:30 Uhr verließen die meisten Einsatzkräfte nach fast 38 Stunden Einsatz das Feuerwehrhaus in Richtung Heimat.

Im Vergleich zu dem Hochwasser im Jahr 2003, welches damals ebenfalls verheerend war, stieg der Pegel der Bleichenbach nochmal um mehr als 30 cm höher. An dieser Stelle waren jegliche Versuche Gebäude oder Wertgegenstände zu sichern, nicht mehr möglich. Die errichteten Sicherungsmaßnahmen nach 2003 versagten durch die höheren Pegel vor allem im Kindergarten. Das DGH konnte gesichert werden.

 

 

Bilder: H. Gerds, J. Kadoch, F. Schmid